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Arthur Sullivans

Arbeitszimmer

 

 

Interviews mit Arthur Sullivan

 

 

Interview im Strand Musical Magazine (1895)

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Interview im San Francisco Chronicle (22. Juli 1885)

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Interview mit Arthur Sullivan

Interview im San Francisco Chronicle (22. Juli 1885)


Wie erklären Sie sich Ihren Erfolg gerade in den USA?

„Ich war darüber ebenso überrascht wie Gilbert, daß ein so englisches Stück wie HMS Pinafore in den USA so gut ankam. Aber wenn solche Werke als Kompositionen irgendwelche Ansprüche für sich geltend machen können, dann zähle ich voll und ganz auf den ernsten Unterton, der sich durch alle meine Opern zieht. Beim Ausarbeiten der Partituren halte ich mich an die Grundsätze jener Kunst, die ich bei der Arbeit an gewichtigeren Werken gelernt habe. Jeder Musiker, der die Partituren dieser komischen Opern analysiert, wird nicht vergebens nach dieser Ernsthaftigkeit und Seriosität suchen.„


Stimmt es dann, daß Sie bei Ihren musikalischen Werken mehr auf Ihre Oratorien, Sinfonien und Kirchenlieder vertrauen als auf Ihre komischen Opern?

„Das stimmt. Gerade auf meine Sakralmusik gründe ich meinen Ruf als Komponist. Diese Werke sind die Frucht meiner lebhaftesten Phantasie, die Kinder meiner größten Kraftanstrengung, die Ergebnisse meiner ernsthaftesten Überlegungen und unablässiger, mühevoller Arbeit.


Worauf führen Sie den Niedergang der italienischen Opernschule zurück?

„Die italienische Opernschule ist tot durch die ihr eigenen Mängel. Die Werke von Verdi, Bellini, Rossini und Mercadante werden nie so gesungen wie es nötig wäre, um die Qualitäten dieser Kompositionen zu vermitteln. Der große Fehler dieser großen Komponisten war, daß sie für außergewöhnliche Stimmen schrieben. Da es diese Stimmen nicht mehr gibt, können die Werke auch nicht so aufgeführt werden, wie sie sollten. Die Silbertöne eines Mario, die göttliche Stimme der Sontag oder die himmlischen Töne der Grisi sind nur noch Erinnerung. Der Erfolg der italienischen Opern beruhte auf den wunderbaren Stimmen derer, die sie sangen. Abgesehen davon wird man bei der Analyse der großen italienischen Oper feststellen, daß in sehr vielen Fällen völlig unterschiedliche Emotionen und gänzlich entgegengesetzte Empfindungen auf ein und dieselbe Weise ausgedrückt wurden und gänzlich abhängig waren vom Sänger und dessen dramatische Fähigkeiten, echte Leidenschaft auszudrücken. Was ich von der Wagnerschen Episode halte? Ich werde es Ihnen sagen. Wagners Erfolg beruhte größtenteils auf seinem persönlichen Einfluß, seinen eisernen Willen und seinen unermüdlichen Fleiß. Sein Hauptverdienst besteht darin, der Musikwelt die Möglichkeiten der Opernmusik aufgezeigt zu haben. Er hat uns die Verbindung von Drama und Oper gezeigt, ist aber von seiner Theorie abgewichen oder hatte in der Praxis unrecht damit, alle dramatischen Effekte in den Orchesterpart seines Werks zu legen und die Bühne und die Handlung dem Orchester unterzuordnen. Er hat uns ein Bild gezeigt, das man malen kann, aber er hat es nicht selbst gemalt.„


Und was ist dann die Oper der Zukunft?

„Oh, Ihre Frage legt Möglichkeiten nahe, von denen alle echten Komponisten träumen, und enthüllt ein Wunschbild, das nah und bezaubernd erscheint, aber noch weit weg liegt. Die Oper der Zukunft ist ein Kompromiß. Ich habe daran gedacht, gearbeitet, mich abgeplagt und davon geträumt. Sie kommt nicht aus der französischen Schule mit ihren prunkhaften, kitschigen Melodien, ihren sanften Licht- und Schattenwirkungen, ihren theatralischen Effekten voll Effekthascherei; nicht aus der Wagnerschen Schule mit ihrer Düsterkeit und den ernsten, ohrenzerfetzenden Arien, mit ihrem Mystizismus und ihrem unechten Empfindungen; und auch nicht aus der italienischen Schule mit ihren überspannten Arien, Fiorituren und an den Haaren herbeigezogenen Effekten. Sie ist ein Kompromiß zwischen diesen dreien – eine Art eklektische Schule, eine Auswahl aus den Vorzügen der drei anderen. Ich werde selber einen Versuch machen, eine große Oper dieser neuen Schule zu schreiben. Ja, es wird ein historisches Werk sein, und es ist der Traum meines Lebens. Ich glaube nicht an Opern, die auf Göttergestalten und Mythen aufbauen. Das ist die Schuld der deutschen Schule. Es ist metaphysische Musik – es ist Philosophie. Was wir brauchen sind Handlungen, die Charaktere aus Fleisch und Blut ermöglichen, mit menschlichen Gefühlen und menschlichen Leidenschaften. Musik soll zum Herzen sprechen und nicht zum Kopf. Ein Werk in der Art, wie es mir vorschwebt, wird einige Zeit brauchen.„

 

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    An Interview with Arthur Sullivan

    (San Francisco Chronicle, July 22nd, 1885)


Why are you so successful in the USA?

„Gilbert and I have been surprised that so English a piece as HMS Pinafore shall have won such success in America. If [such works] are entitled to any claim as compositions, I rely entirely on the underlying vein of seriousness which runs through all my operas. In the composition of the scores I adhere to the principles of art which I had learned in the production of more solid works, and no musician who analyses the score of those light operas will fail to find the evidence of seriousness and solidity pointed out.


Is it true, then, that you place more emphasis on your oratorios, symphonies and hymns as musical works than on your light operas?

„It is. My sacred music is that on which I base my reputation as a composer. These works are the offspring of my liveliest fancy, the children of my greatest strength, the products of my most earnest thought and most incessant toil.


To what fact do you attribute the decadence of the Italian opera?

„The Italian school is dead from its own inherent defects. The works of Verdi, Bellini, Rossini and Mercadante are never sung as is necessary to bring forth what merit is in the composition. The great fault of these great composer is that they wrote for extraordinary voices. As these voices no longer exist, the works cannot be represented as they should. The silver tones of Mario, the godlike strains of Sontag [Henrietta Sontag (1806-54) a soprano he had never heard], the divine tones of Grisi, live only as memories. The success of the Italian operas depended on the wonderful voices of those who sang them. Besides, in analysing the Italian grand opera, you will find that in a great many cases the most widely divergent emotions and the most opposite sentiment were expressed in the same manner, and depended entirely on the singer and his dramatic ability to express the true passion.


What do I think of the Wagnerian episode?

„I will tell you. Wagner’s success was greatly due to his personal influence, his iron will and his untiring industry. His chief merit lies in having shown to the musical world the possibilities of operatic music. He has shown us the combination of the drama and the opera, but deviated from his own theory or was at fault in practice in concentrating all dramatic effects in the orchestral portions of his work, and subordinating the stage and its action to the orchestra. He has shown us a picture that can be painted, but has not painted it himself.


What, then, is the opera of the future?

„Oh, your question suggests possibilities of which all musicians dream, and reveals a vision which seems near and enchanting, but which is far off. The opera of the future is a compromise. I have thought and worked and toiled and dreamed of it. Not the French school, with gaudy and tinsel tunes, its lambent light and shades, its theatrical effects and clap-trap, not the Wagnerian school, with its sombreness and heavy ear-splitting airs, with its mysticism and unreal sentiment; not the Italian school, with its fantastic airs and fioriture and far-fetched effects. It is a compromise between these three – a sort of eclectic school, a selection of the merits of each one. I myself will make an attempt to produce a grand opera of this new school.

Yes, it will be an historical work, and it is the dream of my life. I do not believe in operas based on gods and myths. That is the fault of the German school. It is metaphysical music – it is philosophy. What we want are plots which give rise to characters of flesh and blood, with human emotions and human passions. Music should speak to the heart, and not to the head. Such a work as I contemplate will take some time

 

 

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